Mutter durch Adoption
Mit unserem Bericht möchten wir Betroffenen Mut machen, einen neuen Weg zu wählen um sich den Herzenswunsch zu erfüllen - ein Kind, es lieben zu dürfen, für es dazusein.
Unsere Bemühungen, durch die künstliche Befruchtung (ICSI) doch noch eine Familie gründen zu können, endeten kurz vor der Abstimmung im Februar 2000 leider erfolglos. Die Ärzte erklärten uns zudem, dass wir auch mit dieser Methode nicht zu dem gewünschten Kind kommen würden. Für uns hiess das, Abschied nehmen von dem Gedanken an eine eigene Familie.
Während der achtjährigen Behandlungszeit hatten uns die Ärzte immer wieder Hoffnung gemacht, und so verdrängten wir den Gedanken an eine Adoption. Erst der definitive Bescheid, dass wir nie eigene Kinder haben würden, rückte den Gedanken an eine Adoption wieder in den Vordergrund.
Beim Bundesamt für Justiz in Bern liess ich mir die Liste aller Vermittlungsstellen in der Schweiz schicken. Für uns war es nicht wichtig, woher das Kind stammte. Aber hier lagen bereits die ersten Steine im Weg. Durch die jahrelange "Doktorei" waren wir auch älter geworden. Bei unserem Durchschnittsalter von 40 Jahren war es bei allen Vermittlungsstellen unmöglich, ein Kind unter einem Jahr zu bekommen, sondern nur eines zwischen drei und fünf Jahren. Das entsprach aber nicht unseren Vorstellungen, hatten wir doch Angst, die Verantwortung für ein bereits mit einem "Päckli" beladenes Kind zu übernehmen.
In dieser Zeit machten wir die Bekanntschaften von Ehepaaren, die auf eigene Faust ein Kind aus dem Ausland adoptiert hatten (hier spielte das Alter keine so grosse Rolle mehr), darunter ein Ehepaar, das ein Kind aus Kolumbien und eines aus Marokko adoptiert hatte und gute Kontakte zu den für eine Adoption wichtigen marokkanischen Behörden besass.
Was jetzt folgte waren endloserscheinende Behördengänge, zum Jugendsekretariat und der Familienberatung des Wohnortes. Diverse Gespräche mit Sozialarbeitern folgten. Wir wurden auf Herz und Nieren geprüft. Lebensläufe, Arztzeugnisse, Steuernachweise usw. muss-ten vorgelegt werden.
Ehe wir dann endlich die provisorische Pflegschaftsbewilligung für ein Kind aus dem Ausland erhielten, prüften die Behörden alle Unterlagen nochmals ganz genau. Dann wurden die Schriften für das Herkunftsland des Kindes übersetzt und nach Marokko geschickt.
Etwa einen Monat später konnten wir selbst nach Marokko fliegen, um nach einem anstrengenden Monat in Marrakesch mit unserem Sohn Noah wieder nach Hause zurückzukehren. Nun läuft für die nächsten zwei Jahre eine Pflegeschaft, erst dann können wir Noah definitiv adoptieren.
Wenn wir das Gesicht von Noah sehen, wenn wir erleben dürfen, wie er sich entwickelt, verschwenden wir keinerlei Gedanken mehr daran, dass Noah nicht unser leibeigenes Kind ist. Er ist und bleibt das Kind, das wir uns seit Jahren immer gewünscht haben. Unser Traum von einer Familie ist endlich nach langer Zeit in Erfüllung gegangen.
Erzählt von Irene und Andreas Müller