Müde geworden
Ein liebes "Hallo" an alle Hoffenden,
Nachdem ich einige Berichte von Euch gelesen habe, möchte ich auch ich gerne meinen veröffentlichen.
Es ist nicht immer ganz leicht mit den Gedanken und Gefühlen zurecht zu kommen, die man in der Zeit, seit der Erkenntnis über die Unfruchtbarkeit, aufbaut. Echtes Verständnis fand ich bisher selten, kann man aber auch nicht verlangen, denn wer befindet sich schon im Bekanntenkreis in der selben Situation...
Ich habe oft nach dem "Warum", nach dem Sinn und seiner Bedeutung gefragt - aber das bringt einen nicht weiter. Ich hatte auch oft das Gefühl "wertlos" oder "keine richtige Frau" zu sein... vielleicht auch jetzt noch manchmal. Doch trotz allem schätzen und mögen meine Familie und Freunde mich und das hat mir weitergeholfen. Wie die Geschichte begann?
Mit sechzehn wurde zum ersten Mal eine traubenartige Zystenbildung festgestellt und man verschrieb mir die Pille, die ich sehr schlecht vertragen habe. Aus diesem Grund wurde mir mit 21 die Spirale eingesetzt. Nach zwei Monaten Blutungen und starken Unterleibschmerzen wurde sie wieder entfernt. Zwei Wochen später wurde ich mit starken Schmerzen ins Krankenhaus gebracht, wo man eine "Notoperation" durchführte, eine Bauchspiegelung. In den folgenden zwei Jahren, während meiner Ausbildung, folgten im Abstand von jeweils 3 Monaten immer wieder erneute "Notoperationen", alle aufgrund von teilweise kindskopfgroßen Zysten. Im Nachhinein erklärten mir verschiedene Spezialisten, dass diese Operationen allesamt übereilt und gar nicht notwendig gewesen seien. Doch diese Operationen sind dafür verantwortlich, dass ich keine Kinder mehr zeugen kann, der verbleibende Eierstock ist verklebt und verwachsen. Nicht genug, dass die Operationen an sich schon strapaziös gewesen sind, mein Ausbildungsbetrieb legte mir einige Steine in den Weg, weil ich natürlich viele Fehlzeiten hatte.
Die letzte Operation, ein Bauchschnitt, war einige Tage vor meiner Abschlussprüfung. Ich ließ mich zwei Tage nach Operation auf Eigenverantwortung entlassen und mich von meinem damaligen Partner zur schriftlichen Prüfung fahren. Auch wenn meine OP-Wunde, nach vier Stunden Prüfung, anfing stark zu bluten und ich kurz davor war, vor Erschöpfung zusammen zu brechen, ich habe die Prüfung bestanden - nur um mit erhobenen Kopf diesem Betrieb den Rücken zu kehren!
Leider habe ich in den folgenden zwei Jahren immer wieder starke Probleme mit Zysten, und da ich gebrandmarkt war durch die Ausbildung, habe ich keinen neuen Job angefangen, sondern den Versuch gestartet mich mit einem kleinen "Online- Sekretariat" über Wasser zu halten. Dabei habe ich die Erfahrung machen müssen, dass mein Umfeld immer wieder Vorurteile gegen diese Entscheidung hegt. Schließlich gehe ich nicht den Weg der "Allgemeinheit". Inzwischen sind mein Partner und ich bei IVF. Wie es das Schicksal wohl will, ist mein Partner ebenfalls ohne Behandlung nicht zeugungsfähig, aber wir geben nicht auf!
Zur Zeit befinde ich mich in den künstlichen Wechseljahren, kämpfe mit Migräne und Hitzewallungen, Gewichtszunahme und ständigen Schweißausbrüchen. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, warum ich das alles weiterhin mitmache, denn ich bin wirklich "müde" geworden und weiss nicht wie lange ich noch durchhalten will.
Wenn ich diese Zeilen nochmals lese, merke ich selbst erstmal, wie sehr ich tatsächlich in Selbstmitleid schwimme, denn normalerweise lebe ich die Verdrängungstaktik.
Danke fürs zuhören und danke für das Gefühl der Zugehörigkeit!
Celia